Paleo-Diät: Was ist die Paleo-Ernährung und funktioniert sie?

Veröffentlicht 4. August 2022
Eine Küchenplatte auf dem ein Stück rotes Fleisch liegt, umgeben von verschiedenem GemüseEine Küchenplatte auf dem ein Stück rotes Fleisch liegt, umgeben von verschiedenem Gemüse

Ganz gleich, ob man es nun Steinzeitdiät oder Ernährungsweise des Paläolithikums, der Höhlenmenschen oder der Jäger und Sammler nennt, die Paleo-Diät ist heute eines der bekanntesten Do-it-yourself-Abnehmprogramme. Sie ist aber auch eine der umstrittensten Ernährungsweisen.

Angepriesen von Prominenten, Bloggern, Küchenchefs und Influencern auf Instagram, orientiert sie sich an der auf naturbelassenen Lebensmitteln basierenden Ernährung unserer prähistorischen Vorfahren von vor etwa 2,5 Millionen Jahren bis vor 10.000 Jahren1. Warum ist diese Diät so beliebt? Die Anhänger schätzen den Fokus auf naturbelassene, minimal verarbeitete Lebensmittel und die Rückkehr zu einer ‚natürlicheren‘ Lebensweise.

Die Paleo-Diät scheint als brandneuer Ernährungstrend daherzukommen, aber tatsächlich gibt es sie schon seit mehr als 40 Jahren. Entwickelt wurde sie in den 1970er-Jahren von dem Gastroenterologen Walter Voegtlin. Paleo-Puristen glauben, dass eine Rückkehr zu der Ernährungsweise unserer als Jäger und Sammler lebenden Vorfahren, unseren Körper auf natürliche Art und Weise vor chronischen Krankheiten unserer Zeit wie Diabetes, Morbus Crohn, Verdauungsstörungen und, nicht zu vergessen, Adipositas schützen kann.

Klingt nachvollziehbar, aber bringt diese Diät wirklich etwas? Hier erfährst du alles, was du wissen musst.

Was ist die Paleo-Diät? Eine kurze Erklärung

Die Paleo-Diät basiert auf einer wissenschaftlichen Theorie, die als Diskordanz-Hypothese bezeichnet wird.2 Dahinter steht der Ansatz, dass die Ernährung der Steinzeitmenschen vor dem Aufkommen einer strukturierten Landwirtschaft frei von raffinierten Kohlenhydraten, Zusatzstoffen, Konservierungsstoffen, Transfetten und zugesetztem Natrium war, aber mehr Eiweiß, gesunde Fette und Ballaststoffe beinhaltete. Die moderne Landwirtschaft hat dieser Auffassung zufolge unsere Ernährungsweise schneller verändert, als der Körper sich anpassen konnte, und das habe Entzündungen, Verdauungsbeschwerden und chronischen Krankheiten den Weg geebnet. Nur ist diese Theorie nicht ganz zutreffend.

Es ist nämlich so: Unser Körper hat sich mit der Zeit weiterentwickelt und ist in der Lage, eine breite Vielfalt an Nahrungsmitteln zu verdauen, sodass wir von den Nährstoffen vieler verschiedener Lebensmittel profitieren können.

„Der menschliche Körper verfügt zwar nicht von jeher über die zur Verdauung von Milchzucker oder der in Getreide enthaltenen Stärke erforderlichen Enzyme, aber mittlerweile sind wir in der Lage, diese Kohlenhydrate zu verdauen“, erklärt Dr. Peter Ungar, Professor für Anthropologie an der University of Arkansas.

Ist die Paleo-Ernährung überhaupt historisch korrekt?

Anthropologen stehen der Paleo-Philosophie auch aus anderen Gründen skeptisch gegenüber. „Die heutigen Paleo-Ernährungsweisen sind historisch nicht korrekt“, so Ungar. „Unsere Urahnen haben sich zwar recht vielfältig ernährt, aber Spinatsalat mit Avocado, Walnüssen oder Putenbrustwürfeln und dergleichen standen ganz sicher nicht auf ihrem Speiseplan.“

Zudem gab es der Encyclopaedia Britannica zufolge auch nicht nur einen Stamm von Steinzeitmenschen. Es gab viele verschiedene Stämme, die auf unterschiedlichen Kontinenten lebten. Diejenigen Steinzeitmenschen, die unter der Wüstensonne schwitzten, ernährten sich grundlegend anders als ihre Verwandten, die in höheren Breitengraden einem kälteren Klima ausgesetzt waren. Und was die Behauptung betrifft, Höhlenmenschen seien gesünder gewesen, ist zu beachten, dass nur wenige Erwachsene älter als 40 Jahre wurden.

Außerdem entwickelten sich auch bei ihnen Herzerkrankungen. Das ergab eine in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte Studie3, der zufolge auch die Jäger und Sammler der Steinzeit an Arterienverkalkung litten.

Verschiedene Interpretationen der Paleo-Diät

Ebenso wie es in der Steinzeit nicht nur eine einzige Ernährungsweise gab, existieren auch heute verschiedene Varianten der Paleo-Diät. Mit anderen Worten lässt sich die Paleo-Ernährung also unterschiedlich definieren. Manche Anhänger legen die Regeln zum Beispiel etwas großzügiger aus, sodass sie sich kleine Gaumenfreuden wie Rotwein, dunkle Schokolade oder sogar Butter gönnen können. Das mag nicht die „reine Lehre“ sein, aber viele Ernährungsexperten halten einen solchen Ansatz durchaus für sinnvoll.

Es ist ungemein wichtig, auf eine Ernährungsweise zu achten, der man langfristig folgen kann und die auch mit Genuss verbunden ist, empfiehlt auch die DGE.

Manche Ärzte befürworten auch eine abgewandelte Form der Paleo-Ernährung – die man als Autoimmunprotokoll (AIP) oder auch als autoimmune Paleo-Diät bezeichnet – zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa4 oder Schilddrüsenerkrankungen5. Sie vertreten die Meinung, dass ein durchlässiger Darm entzündungsfördernde Proteine in den Körper eindringen lässt, die eine Autoimmunreaktion auslösen, infolge derer der Körper sich veranlasst sieht, sich selbst anzugreifen.

Mit einer strengen Einschränkung der Ernährung auf nur wenige potenziell entzündungshemmende Lebensmittel kann gegen diese Krankheiten vorgegangen werden, so ihre Theorie. Hierzu liegen zwar einige Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen6 vor, doch es sind weitere Forschungsarbeiten notwendig7; es gibt nämlich kaum Belege dafür, dass Veränderungen der Darmdurchlässigkeit (das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom) oder eine Darmschleimhaut, die Nährstoffe nur begrenzt aufnehmen kann und weniger gesunde Keime enthält, direkt Krankheiten verursachen oder andere bedeutende Gesundheitsprobleme hervorrufen.

Welche Lebensmittel darf ich bei der Paleo-Diät essen und welche nicht?

Erlaubte Lebensmittel bei der Paleo-Diät

Wer sich nach der Paleo-Diät ernährt, darf viele naturbelassene, minimal verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen. Hierzu gehören zum Beispiel:

  • Obst
  • Gemüse
  • Kräuter
  • Nüsse und Samen
  • Mageres Fleisch, vor allem von mit Gras gefütterten Tieren
  • Geflügel, vorzugsweise aus Freilandhaltung
  • Fisch und Schalentiere
  • Eier
  • Walnuss-, Leinsamen-, Macadamia-, Avocado-, Kokosnuss- und Olivenöl

Zu vermeidende Lebensmittel bei der Paleo-Diät

Alles, was unseren Vorfahren nicht zur Verfügung stand, ist tabu. Positiv daran ist, dass damit stark verarbeitete Lebensmittel, raffinierter Zucker, künstliche Süßstoffe, zugesetztes Salz und Transfette wegfallen. Andererseits fallen aber auch eine Menge Lebensmittel unter den Tisch, die durchaus gut für die Gesundheit sind. Hierzu gehören beispielsweise folgende:

1. Milchprodukte

Du kannst zwar auch ohne Milchprodukte auf die für gesunde Knochen erforderliche Menge an Calcium kommen, aber bei der Paleo-Diät besteht hier definitiv eine Schwierigkeit. Um die 1.000 Milligramm Calcium8 (und 600 Internationalen Einheiten Vitamin D9) zu erhalten, die du für starke Knochen benötigst, solltest du ein Nahrungsergänzungsmittel in Erwägung ziehen und dies mit deinem Arzt besprechen.

2. Getreide wie Weizen, Hafer, Gerste und Reis

Nicht alle Experten teilen die Auffassung, dass Getreide nicht zur vorzeitlichen Ernährungsweise gehörte. „In der Eiszeit war Getreide in einigen Gebieten sogar ein wichtiger Bestandteil der Ernährung. Und auch bei anderen Menschenarten, wie beispielsweise den Neandertalern, hat man Hinweise auf den Verzehr von Getreide entdeckt“, sagt Ungar. Da minimal verarbeitetes Vollkorngetreide komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe für ein gutes Sättigungsgefühl und B-Vitamine für Energie bietet, sollte nicht vollständig darauf verzichtet werden.

3. Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen, Erbsen, Edamame und Erdnüsse

Hülsenfrüchte sind reich an cholesterinsenkenden, löslichen Ballaststoffen und Kalium, das zu einem gesunden Blutdruck beiträgt. Ebenso wie bei Getreide sorgen die in diesen Nahrungsmitteln enthaltenen komplexen Kohlenhydrate, die langsamer verdaut werden, und Ballaststoffe für ein Sättigungsgefühl. Setze hier und da kleine Portionen Bohnen oder Hülsenfrüchte mit auf deinen Speiseplan.

Die besten Tipps und Strategien für erfolgreiches Abnehmen direkt ins Postfach!

Jetzt für den Newsletter anmelden und regelmäßig Rezepte zum Abnehmen, Ernährungstipps, Workout-Ideen, Angebote und mehr erhalten.

4. Kartoffeln

Manche erweitern ihre Liste an Paleo-Diät-Lebensmitteln auch um Kartoffeln, doch Puristen sind in dieser Hinsicht eher zögerlich. Süßkartoffeln hingegen bekommen grünes Licht. Da Kartoffeln eine Grauzone sind, hältst du dich am besten an gebackene oder geröstete Kartoffeln mit der ballaststoffreichen Schale.

5. Raps- und Sojaöle

Technisch betrachtet sind im Rahmen der Paleo-Ernährung 6 Speiseöle erlaubt (Walnuss-, Leinsamen-, Macadamia-, Avocado-, Oliven- und Kokosnussöl), die aus den in der Steinzeit verfügbaren Nahrungsmitteln gewonnen werden.

6. Alkohol

Aus Getreide hergestellte Alkohole (wie Wodka, Bier oder Scotch) sind tabu. Weniger strenge Paleo-Ernährungspläne erlauben aber ein gelegentliches Glas Rotwein ohne Sulfite.

Potenzielle gesundheitliche Vorteile der Paleo-Diät

Wie jede andere Diät, die den Speiseplan drastisch einschränkt, kann auch das Paleo-Programm zunächst zu einem Gewichtsverlust führen. Aus einer Studie ging hervor, dass Anwender der Paleo-Diät in einem Zeitraum von 6 Monaten rund 8 Kilo abnahmen und diese Gewichtsabnahme 2 Jahre lang ohne Jo-Jo-Effekt weitgehend aufrechterhielten.

Welche anderen Gründe sprechen, abgesehen vom Gewichtsverlust, für die Paleo-Diät?

Manche Paleo-Fans sind der Meinung, diese Ernährungsweise könne bestimmten Erkrankungen vorbeugen oder sie heilen, darunter beispielsweise Autismus, Demenz oder das polyzystische Ovarialsyndrom. Nur gibt es keine Studien, die diese Behauptungen untermauern.

Es liegen zwar einige Forschungsergebnisse zum Insulin- und Cholesterinspiegel und zum Blutdruck vor, aber ein Großteil dieser Resultate basiert auf extrem kleinen Studien. Und weil diese Untersuchungen bestenfalls inkonsistente Ergebnisse hervorbrachten, mahnen viele Gesundheitsexperten zu Vorsicht bei der Auslegung.

Die Paleo-Diät kann aber trotz ihrer restriktiven Natur für manche Menschen durchaus echte gesundheitliche Vorteile mit sich bringen. Menschen, die zuvor viele verarbeitete Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Natrium, Zucker und Transfetten zu sich nahmen, werden wahrscheinlich Verbesserungen ihrer und Cholesterin- und Blutzuckerwerte feststellen, wenn sie die Paleo-Diät über einen längeren Zeitraum hinweg anwenden.

Allerdings könnte man mit einem flexibleren und weniger restriktiven Abnehmprogramm dieselben gesundheitlichen Vorteile erzielen.

Potenzielle Nebenwirkungen und gesundheitliche Risiken der Paleo-Diät

Die Steinzeiternährung ruft vor allem wegen ihrer zahlreichen Nebenwirkungen und gesundheitlichen Risiken Bedenken hervor. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Verstopfung
  • Jodmangel10
  • Heißhungerattacken 11
  • Müdigkeit 12
  • Kopfschmerzen
  • Hunger
  • Schwache und brüchige Knochen
  • Erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen13

Ist die Paleo-Diät gesundheitlich unbedenklich?

Derzeit lassen die Forschungsergebnisse noch keine eindeutigen Aussagen zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Paleo-Diät zu, aber fest steht, dass sie zahlreiche Nebenwirkungen und gesundheitliche Risiken mit sich bringt.

Insbesondere Herzerkrankungen gelten als Risiko. Im Rahmen der Paleo-Diät werden oftmals größere Mengen an gesättigten Fettsäuren verzehrt, weil mehr Fleisch auf dem Speiseplan steht als bei einer herkömmlichen Ernährungsweise, und das wirkt sich auf die Blutfette aus.

Zudem kann diese Diätform mehreren Studien zufolge die Knochen schwächen, weil Milchprodukte ausgeklammert werden.

Weitere Nachteile der Paleo-Diät

Neben der Frage nach der gesundheitlichen Unbedenklichkeit gibt es zahlreiche andere Gründe, die Entscheidung für eine Paleo-Diät gründlich abzuwägen. Zum Beispiel:

  • Kosten: Eine Diät, die sich zusammensetzt aus frischem Obst und Gemüse, Bio-Wildfleisch, Fleisch von mit Gras gefütterten Tieren und Fischen aus Wildfang, kann fast zehn Prozent teurer sein als eine herkömmliche Ernährungsweise, so das Ergebnis einer Studie14.
  • Zeit: Die Planung der Mahlzeiten sowie der Einkauf und die Zubereitung werden vermutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen.
  • Seelisches Wohlbefinden: Da dieses Ernährungsprogramm viele Einschränkungen mit sich bringt, eignet es sich nicht gut für Menschen, die schon einmal unter Essstörungen gelitten haben.
  • Soziale Isolation: Wie jede andere Diät, bei der nur bestimmte Lebensmittel verzehrt werden dürfen, kann auch die Paleo-Ernährungsweise dazu führen, dass gemeinsame Essen mit der Familie oder Freunden zu einer Herausforderung werden.

Du möchtest beim Abnehmen nicht auf Genuss und deine Lieblingslebensmittel verzichten? Dann starte jetzt durch mit WW!

Fazit: Funktioniert die Paleo-Diät?

Unterm Strich kann die Paleo-Diät dir helfen abzunehmen, aber sie kann auch unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringen und potenzielle gesundheitliche Risiken bergen.

Und vergiss nicht, dass man den Erfolg einer Diät nicht nur nach der mit ihr verbundenen Gewichtsabnahme beurteilen sollte. Auch das Wohlbefinden und die langfristige Durchführbarkeit spielen hierbei eine Rolle. Wenn man bedenkt, dass die Paleo-Diät womöglich historisch nicht einmal korrekt ist, ist sie für die meisten Menschen unnötig restriktiv.

Dieser Artikel wurde im Juni 2021 von Angela Goscilo (M.S., R.D., C.D.N.), Manager of Nutrition bei WW, auf seine Richtigkeit überprüft. Das WW Science Team ist eine Gruppe von Fachleuten, die sicherstellen, dass alle unsere Antworten auf fundierten Forschungsergebnissen beruhen.